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Geschichte von Haus 19
von Robert Girsch (Dipl.Sw. univ.)
1. Wirtshaus am Weinmarkt
1.1 Erste Hinweise aus der frühen Neuzeit
Im Grundbuch von 1613/14 finden wir die Witwe des Hans Rhumpff verpflichtet, für die auf dem Haus lastenden Gefälle aufzukommen. Nachgetragen wurden als Hausbesitzer Adam Sartori, der offenbar nur kurz, vielleicht als Erbe an das Haus kam, dann der Gastgeb (Wirt) Georg Mayr, Hanns Schaal und schließlich Johann Jacob Schirmbeckh, Mitglied des Äußeren Rates. Da Hans Rhumpff 1613 bereits verstorben war, könnte der Besitz der Familie bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Eine Rekonstruktion bis zum Steuerbuch von 1516 gelingt jedoch nicht sicher. Unter der Voraussetzung, dass das große Weinmair-
1.2 Wirtshaus des Hans Jacob Schirmpeck
Hans Schall ist spätestens 1646 wohl noch recht jung verstorben: Am 25. Januar 1647 schloss seine Witwe Apolonia mit ihren Kindern (Elisabeth 12, Johannes 10, Maria 8, Katharina 7 Jahre und Antonius 1 Jahr) einen Erb-
2 Bürgermeister Johann Caspar Reisser von Knodorf
Wohl in den ersten Jahren nach 1710 erfuhr das Anwesen einen Bedeutungswandel, der auch bauliche Veränderungen mit sich gebracht haben wird. Der Wirt Marx Spreng war nach 1695 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und musste sein Vermögen einer Zwangsversteigerung überlassen -
Reisser hatte offenbar besondere Pläne für das Anwesen. Denn er begann es durch Aufkäufe zu erweitern: Am 10. April 1712 kaufte er für 560 fl den großen Stadel der Rattmannsperger an der Schulgasse (heute Schulstraße), wenige Tage später einen Garten der Bürgermeisterswitwe Siebenhärl (des ehmaligen Schießl-
3 Kastenamt des Klosters Niederschönenfeld
3.1 Kauf des Klosters Niederschönenfeld 1741
Am 4. August 1741 teilte das Kloster Niederschönenfeld der Stadt mit, dass es das Haus des Bürgermeisters Reisser kaufen wolle. Der Magistrat stimmt dem Verkauf zu, wollte aber die üblichen Steuern, auch Sondergefälle wie Herdsteuer und Brunnengeld, einfordern. 1743 ist zu erfahren, dass sich die Witwe Reissers – wohl zur Sicherung ihres Lebensabends – noch ausstehende 3.000 fl Kaufsumme zu 4 Prozent jährlich verzinsen ließ. Der Kauf des Reisserschen Anwesens durch das Kloster am 17. August 1741 wird auch durch die erhaltene Klosteramtsrechnung von 1755/56 bezeugt: der in Anno 1741 khäuflich eingethonn Reiser. Behausung ufm Weinmarckht.Außerdem hatte sich die Witwe Anna Maria Reisser ein Wohnrecht in der unteren Wohnung vorbehalten, das sie noch lange wahrnehmen konnte: Sie blieb bis zu ihrem Tod am 19. Dezember 1754 im Alter von 90 Jahren hier wohnen. Das Kloster Niederschönenfeld war schon lange in der Stadt vertreten, denn es besaß seit dem frühen 14. Jahrhundert Grundbesitz in und um Ingolstadt. Diese Rechte gingen auf eine Schenkung des Königs und späteren Kaisers Ludwig des Bayern von 1322 zurück, wobei das Kloster in den Jahrhunderten danach weitere Immobilienkäufe vornahm. Zum Zeitpunkt der Aufhebung im April 1803 wurden vom Kastenamt 23 Grundholden, darunter 13 Bauern, zu Ingolstadt, zwei zu Unterhaunstadt und je einer zu Oberhaunstadt, Feldkirchen und Wettstetten verwaltet. Zu den grundherrschaftlich verbundenen Anwesen zählte auch das Brauhaus Schießl, wie einem Schreiben Johann Wolfgang Meltretters, er war schon damals Kastner, vom 29. Dezember 1722, zu entnehmen ist.
3.2 Hinweise auf Nutzung und Reparaturen 1756 und um 1792
Zwar haben sich leider nur wenige Bände der Ingolstadter Kastenamtsrechnungen des Klosters erhalten, ihnen können gleichwohl einige interessante Hinweise auf die Nutzung im 18. Jahrhundert entnommen werden. Demnach wurde dem Amtsvorstand, dem Kastner Johann Wolfgang Meltretter, das gesamte erste Obergeschoss 1741 als Dienstwohnung zugeteilt: das mir Castner der mittere Stockh zur Wohnung genedig verwilliget worden. Die anderen Etagen wurden vermietet. Im zweiten Obergeschoss war seit 1753 der Major de Mouche aus dem Regiment Graf Minuzzi eingemietet. Der Offizier war kein zufriedenstellender Mieter: 1755 hatte er von der Jahresmiete von 30 fl nur 22 fl bezahlt. Meltretter musste ihn heuer aber yber öffters ermahnen, nichts weitters bezalt. De Mouche blieb bei seinem Abzug 1756 dann insgesamt 45 fl schuldig. Ihm folgte im September 1756 der Hauptmann Schuech vom Regiment Baron Pechmann. Dann trug Meltretter ein, er habe die Logi in obern Stockh besichtiget, mithin weillen das große Zimmer mit guet zuegerichten Sesslen, Tafflen und Tyschen versehen. Der Kastner hoffte auf ein besseres Mietverhältnis, weil Schuech ein teitscher, ser höflicher Officier sei. Die Wohnungen wurden weitgehend möbliert vermietet. So musste der Kastner 1756 die mit grünem Tuch überzogenen Sitzmöbel der oberen Wohnung, gantz zerfetzte Sessl, neu beziehen lassen. Schließlich bemerkte der Kastner, dass das Erdgeschoss bis zu ihrem Tod im Dezember 1754 von der betagten Witwe Reisser bewohnt worden war. Ab dem 2. Februar 1755 wurde der undere Stockh für 22 fl an einen Herrn von Müller vermietet. Es existierten auch Keller, wobei der hindere Keller gegen der Schuelgassen dem so genannten Schäffbräu Johann Zeiselmayr vermietet worden war. Der für 1755/56 bezeugte Bauunterhalt weist keine größeren Baumaßnahmen aus. Abgerechnet wurden in diesem Jahr nur der Abbruch von 2 ruinose Öfen des Erd-
Die Kreuzstockfenster des zweiten Obergeschosses waren mittig bei der Überblattung von Kämpfer und Setzholz schadhaft: beim Creutz aine Faulung gehabt. Ein Spengler überzog die schadhaften Stellen mit Weißblech und Zinn, damit das Regen Wasser nit einsützen kan. Allerdings stellte man auch einen größeren Schaden an der (wohl hofseitigen) Umfassung fest, weil die Abortgrube, wo die 3 Loca [Aborte] zusammen gehen, defekt und durchlässig geworden war. Auch hatte es Beschwerden aus der Nachbarschaft gegeben, weil der s.v. Unflat ... durchgegossen und die Haubt Mauer dardurch were ser schadthafft worden. Die Grube musste daher geräumt und neu ausgemauert werden. Darüber hinaus wurden hofseitig eine neue Dachrinne angebracht und die hindere schadthaffte Mauer beim Thor ausgebessert sowie die Dächer ausgebessert, die ausdrücklich mit Ziegeltaschen (Biberschwanzziegel) gedeckt waren.Zur Reparatur des Tors – möglicherweise des Tors in der Schulstraße – erhielt man eine Torschwelle aus Eichenholz aus dem Arsenal des Stadtbauamtes. Das Hofgebäude scheint in dem Rechnungsbuch nicht eindeutig auf. Nur an einer Stelle ist von den auszubessernden Stallungen und einem benachbarten Hofstübl die Rede: Dem Major de Mouche war dieser Raum zur Unterbringung von Pferdefutter vermietet worden. Nach seinem Auszug musste man in dem hindern, zu Fourage ingehabten Hofstübl an der innern und aussern Thier die Schlösser ausbessern. Erst für die Verwaltungsjahre 1791/92 und 1792/93 sind wieder Rechnungsbücher erhalten: der größte Teil der Klosterregistratur hat die Säkularisation offenbar nicht überstanden. Die Bücher wurden von dem Juristen Ferdinand Jehlin geführt, der mittlerweile das Amt des Klosterkastners zu Ingolstadt übertragen bekommen hatte und die Dienstwohnung im Haus bewohnte. 1791 wurde nur sehr wenig für Bauunterhalt ausgegeben. Lediglich Ausbesserungen an Kachelöfen, Küchenherden und am Fußboden des Getreidekastens wurden vermerkt. Im folgenden Rechnungsband von 1792/93 wird deutlich, dass man weiterhin vermietete, und zwar die oberste Wohnung an einen der vier Ingolstadter Bürgermeister, der jährlich 70 fl Mietzins zahlte. Der Keller unter dem Getreidekasten war an den Bierbrauer Joseph Seitz vermietet. Von einem weiteren Mietverhältnis ist nicht mehr die Rede.1792 stand eine Dachreparatur an, weil durch das schadhaffte unnd in viele Weg durchlöchete Tachung ... Wasser häufig in das Gemäuerwerch eingetrungen. Zu mehr Dauerhafftigkeit wurde das Dach – am First ? -
3.3 Klosteraufhebung und Privatisierung des Hauses
Mit der gesetzlich verordneten Aufhebung des Klosters Niederschönenfeld am 1. April 1803 wurde der Ingolstadter Kastenamtsbeamte von der Klosteraufhebungskommission übernommen. Er sollte die Zerschlagung des Klostervermögens zu Gunsten der Staatskasse abwickeln. Am 20. April 1803 teilte Ferdinand Jehlin mit, dass nun auch das Kastenamtshausund der Getreidekasten definitiv versteigert werden sollen. Er verlangte vom Magistrat die Anerkennung eines Gemeindeanteils (Nutzungsrechte an kommunalen Besitzungen) wie sie andere alte Anwesen der Stadt besaßen. Am 13. Mai 1803 wurde der Auftrag an Jehlin, sowohl das Haus als auch den Getreidekasten, der ganz separiert stand, zu verkaufen, erneuert. Der Verkauf sollte per Höchstgebot nach einem öffentlichen Ausrufen und Trommelschlag am 17. Juni erfolgen. Bis zum 18. Juni 1803 hatte sich aber niemand gefunden, lediglich der Freiherr von Donnersberg, ein Offizier, der gerade als Mieter im Haus lebte, hatte ein Gebot von 1600 fl abgegeben, das der Staat nicht akzeptierte. Erst das Gebot des Nürnberger Boten Georg Rieger, das dessen Anwalt Steinle überbrachte, von 2500 fl sowohl für das Haus als auch für den Getreidekasten wurde angenommen.Johann Georg Rieger brachte der Erwerb kein Glück. Zwar konnte er sofort 1000 fl bar anzahlen, doch mit der vereinbarten Restzahlung geriet er in Schwierigkeiten, weil er zunächst sein altes Haus nicht verkaufen konnte und ein Schulder ihm die Rückzahlung eines Darlehens säumig blieb. Zwar folgten 1804 weitere 1000 fl, doch die restlichen 500 fl blieben aus. 1806 befand sich Rieger in einem Konkursverfahren. Auf Bitten der Vormünder der Riegerschen Kinder und einiger Gläubiger erließ die Regierung 1808 200 fl und die angefallenen Zinsen, weil das versprochene Gemeinderecht für das Anwesen am Einspruch der Stadt gescheitert war. Aus der Konkursmasse Rieger erwarb Franz Heidinger um 1808 den Besitz, den er vor 1812 dem Müller Johann Heidinger vererbte oder übergab. Auf Johann Heidinger folgte um 1819 der Stadtapotheker Matthias Seeholzer, woraufhin dem Haus die Apothekergerechtsame verliehen wurde. 1830 übergab Matthias Seeholzer, Apotheker, das Anwesen mit dem Kloster Niederschönenfeldischen Getreidekasten in der Schulstraße und dem mittlerweile für 1200 fl gekauften benachbarten Stadel Nr. 39 (ehemals Bürgeramtshaus mit Schergenstube, Schulstraße 12) an Michael Seeholzer
Lange war das Anwesen dann im Besitz der Stadtarztes Dr. August Seeholzer. Später wurde noch die Witwe Louise Seeholzer als Eigentümerin des Hauses Nr. 11 (Theresienstr. 19) geführt, ihr folgte Heinrich Derbfuß, Schneidermeister. Im späten 19. Jahrhundert war das Anwesen an den Privatier Clement Högner gekommen. 1871 wurde unter ihm ein Stockwerk auf das Hofgebäude aufgebaut und im Hofraum eine Altane angebaut. 1903 wurde unter Högner die Grundstücksentwässerung modernisiert. Der ehemalige, nicht mit dem Haus an Derbfuß verkaufte Getreidekasten mit der alten Hausnummer 37 (Schulstraße 14) war noch vor 1900 von der Witwe Seeholzer verkauft und dann zum bürgerl. Brauhaus umgewandelt worden. Der östlich benachbarte Stadel – angeblich einst das so genannte Bürgeramtshaus und vor 1830 von der Familie Seeholzer angekauft -
Verfasser |
Abkürzungen |
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Robert Giersch |
d |
Pfennig |
HStA |
Bayer. Hauptstaatsarchiv |
StAM |
Staatsarchiv München |
Quellenverzeichnis
Stadtarchiv Ingolstadt: Bände B 42, B 43, B 44, B 46b, B 52b, B 53b, B 56 Ratsbücher: 1740/42
Briefprotokolle: 1610/13, 1629/30, 1630-
Akten: A V, Nr. 109, 112, A XIX, Nr. 25, A 4246 Hochbauamt: A 1988 Häuserbuch: Blatt 37
Druckschriften: "Zur Erinnerung an den kgl. und bischöflichen geistlichen Rat und Domkapitular Joh. Baptist Reisser". o.J. Pläne: Nm 15431
Bayerisches Hauptstaatsarchiv:
Klosterliteralien Niederschönenfeld 111 Klosterliteralien: Fasz. 989, Rechnung 1755/56, 1791/92, 1792/93, 1802/03, 1803/04 Staatsarchiv München: Kataster 9508
Gedruckte Quellen:
Götz, Johann Baptist: Die Grabsteine der Ingolstädter Frauenkirche (1428-
Ostermair, Franz Xaver: Führer durch Ingolstadt. Ingolstadt 1896 Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt. 15. Heft/1890
Stadt Ingolstadt et al. (Hg.). Ingolstadt – Vom Werden einer Stadt. Ingolstadt 2000